Emma Elisabeth (D)
Man kann eine Künstlerin aus Schweden holen. Aber man kann Schweden nicht aus einer Künstlerin holen. Der lebende, atmende, singende Beweis dieser These ist Emma Elisabeth, eine in Berlin sesshaft gewordene Exilantin, die in ihren berauschenden Indie-Songs den Freigeist der Siebziger mit jenem typisch nordischen Sinn für ahnungsvolle Melancholie verbindet.
Sie verbringt ihre Kindheit umgeben von einem Meer aus Instrumenten, sie spielt in zahlreichen Bands, sie studiert Gesagt am angesehenen Kulturama in Stockholm. Dann vertraut sie sich der Welt an und wird zur reisenden Nomadin. Sie lebt und musiziert in London, Paris oder den USA, wo sie eingeladen wird, um auf dem prestigeträchtigen SXSW Festival zu spielen. Sie tourt mit einer ihrer Bands sogar durch Japan, ehe sie sich dazu entschließt, mal eine Weile in Berlin zu bleiben. Einfach mal so. „Als wandernde Musikerin musst du nur deine Instrumente in eine Tasche packen und kannst im Grunde von überall arbeiten“, sagt sie. Dass es dann letztlich Berlin wird, ist nur ein weiterer in einer lange Kette von Zufällen, die sich am Ende irgendwie als weise Schachzüge erwiesen haben. „Eines Tages machte man mich mit einem Verleger bekannt. Und der saß nun mal in Berlin.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Und was soll ich sagen, ich bin geblieben.“ Wie sagten Queen doch so schon: Anywhere the wind blows.
Berlin oder anderswo: Emma Elisabeth lässt sich immer wieder inspirieren. Von ihrem eigenen Leben, von den Menschen, die sie umgeben, von Alltäglichem und Magischem. Sie arbeitet ständig an ihrer Musik, schreibt, entwickelt sich weiter, reflektiert. Sie schreibt ihr eigenes Material, sie schreibt für Filme und andere Künstler. Ihr 2016 veröffentlichtes Album "Cover Stories" zeigte ihre Liebe zur Musik durch eine breite Palette großartiger und bittersüßer Coverversionen, "Melancholic Milkshake" (2019) lebte von ihrer Leidenschaft für die gitarrengetriebenen Jangle-Pop-Sounds der sechziger und siebziger Jahre. Was auch immer sie tut, ist jedoch von einem gewissen grüblerischen Sinn für nordhemisphärische Melancholie geprägt. "Das ist definitiv meine schwedische Natur", sagt sie mit einem Grinsen. "Das steckt mir tief in den Knochen. Ich habe einmal eine Kunstausstellung in meiner Heimatstadt besucht, die 'Scandinavian Pain' hieß. Das war's. Ich glaube, wir sind alle sehr anfällig für diese Art von Gefühlen", sagt sie, und ihr aktuelles Album Some Kind Of Paradise" bildet da keine Ausnahme. Ganz im Gegenteil: Während es alle Insignien einer zeitlosen Pop-Platte aus den goldenen Tagen des Songwriting-Handwerks aufweist, strahlt es eine wehmütige, bittersüße, dramatische Aura aus. "Wir Schweden scheinen sie nicht loswerden zu können", lacht sie. "Ich meine, sogar die meisten ABBA-Songs sind ziemlich melancholisch. Und was soll ich sagen, ich mag diese Art von Musik. So einfach ist das. Für mich ist es interessant, die wahre Farbe, die man hat, zu nehmen und sie von verschiedenen Umgebungen beeinflussen zu lassen. Zum Beispiel, schwedische Traurigkeit mit mallorquinischer Sonne zu kombinieren. Die Melancholie hat sie sogar nicht verlassen, als sie in den ersten Monaten des Jahres 2021 auf einem Bauernhof auf der Insel lebte und arbeitete. Jede Farbe, die Sie mögen. Solange sie echt ist. "Some Kind Of Paradise" ist eine organische Platte, ein echtes Stück Musik mit einem echten Herzschlag, aufgenommen und produziert von Emma Elisabeth selbst zusammen mit einigen ihrer engsten Mitarbeiter. "Ich will einfach nicht zu viel meinen Kopf benutzen", sinniert sie. "Ich versuche, so herzlich wie möglich zu sein. Ich liebe Musik, die nicht versucht, zu intelligent zu sein, nur um der Sache willen." Beeinflusst vom Pantheon klassischer Künstler wie Fleetwood Mac oder Patti Smith, würzt Emma Elisabeth ihre ganz eigene Auffassung von archetypischem Songwriting-Handwerk mit ihrer Liebe zu Gesangsmelodien, wie sie The Mamas and the Papas oder ABBA verwenden. Oder, wie sie es ausdrückt: "Ich versuche, meine Popmelodien mit dunkleren Klängen und klirrenden Gitarren auszugleichen." Mit ihrem neuesten Album reiht sich Emma Elisabeth in die Reihe ihrer Schwester im Geiste, Sharon van Etten, ein, indem sie hochfliegende, blühende, handwerkliche Indie-Songs liefert, die ihre Traurigkeit wie eine Krone tragen. "Some Kind Of Paradise" ist ein Manifest des Selbstbewusstseins, ein Aufruf, Herr über das eigene Schicksal zu werden. "Selbst wenn etwas kaputt ist, kann man daraus etwas erschaffen, etwas, das sich wie eine Art Paradies anfühlt. Oder nehmen Sie zum Beispiel die Natur und wie viel neues Leben aus einem Waldbrand entstehen kann." Wie viele große Künstler vor ihr konfrontiert Emma Elisabeth ihre dunkelsten Zeiten in ihren Liedern, nur um stärker als zuvor daraus hervorzugehen. "Es kann extrem schwierig sein, wenn man über etwas sehr Persönliches schreibt, aber es ist auch irgendwie eine Erleichterung. Es ist wie eine Therapie." Der deutsche Schriftsteller Hermann Hesse hatte Recht, als er sagte: "Wahrlich, niemand ist weise, der nicht das Dunkel kennt" - Björn Springorum
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