The Iron Lung Quintet (D)

11.11.2022
The Iron Lung Quintet (D)

the iron lung quintet aus Hamburg sind begnadete Songschreiber und eine mitreißende Liveband. Seine eigenwilligen Kompositionen bewegen sich irgendwo zwischen Chanson und Post-Rock, Urban Country und Shoegaze. Mal fühlt sich der Zuschauer an Tom Waits oder Element of Crime erinnert und ein anderes Mal kommt das Quintett plötzlich mit Assoziationen an die Flaming Lips oder Morrissey um die Ecke. Ihre Musik knistert und wummert in jeder Ecke anders und verblüfft mit jeder Menge Mut zu überraschenden Wendungen.

Oftmals melancholisch, aber mit viel Sinn für Wortwitz und Ironie, ist das iron lung quintet der perfekte Gastgeber für einen wohlverdienten Feierabend am Rande des Nervenzusammenbruchs. Es wird im Tonfink erstmals die Songs ihres kommenden, vierten Albums „for the birds, all for the birds“ vorstellen. Mehr Infos, Hörproben und Videos unter www.theironlungquintet.com.
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this congenial five-piece from Hamburg, Germany, has a weakness for the subtle and spooky. Their songs, though catchy and haunting, have a subtle complexity to them, a musical twist in their plot. The quintet mixes chanson and post-rock, country and shoegaze.
Theatrical in its best sense, this indie orchestra presents the careful listener with arrangements both elaborate and unique.

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Diese Stimme. Beim flüchtigen Hören mag man meinen, The Iron Lung Quintet gruppiert sich vor allem um Sänger und Komponist Christian Uhlig. Von Platte zu Platte scheint seine Stimme rauher zu werden, seine Gesangsperformance zwischen Flüstern und Brüllen und allen Tönungen dazwischen immer raumgreifender. Vom liebeskranken Seemann, der sich vorm Auslaufen in der rauchigen Hafenspelunke volllaufen lässt, bis zum gestenreichen Crooner, der auf der großen Festivalbühne die Welt und das ganze Universum drumherum zu umarmen sucht. Für diese Stimme sind viele Settings denkbar. Und The Iron Lung Quintet haben in zahllosen Konzerten in kleinen Kellerclubs und großen Zirkuszelten bewiesen, dass sie diese Räume auszufüllen vermögen. Mal zurückgenommen leise mit Akustikgitarre, Cello und Kontrabass, mal krachend laut mit aufgedrehten Verstärkern und Pauken und Trompeten.
Dieses Spektrum spiegeln auch ihre Alben wider, und genau hier hört man, dass The Iron Lung Quintet ein, nun ja, Quintett sind, eine Band, ein Kollektiv, ein eingeschworener Haufen Musikbesessener, die sich nur wenig um den neusten heißen Scheiß scheren, es stattdessen aber umso mehr lieben, sich in den Tiefen und Geheimnissen und Wundern der Musikgeschichte zu verlieren. Hier sind neben Uhlig vor allem die beiden Konstanten in der Besetzung, Jens Altfelder und Frank Wöhst, zu nennen. Uhlig mag mit Stimme, Klavier und Rhodes das Fundament der Songs legen, doch es sind Altfelders arabeskenartige Ausschmückungen an der Gitarre, die den Songs mit filigran abstraktem Picking, verhallt vibrierenden Akkorden und weiß rauschender Wall of Sound Farbe, Klang und Dynamik verleihen. Unterstützt oder auch mal kontrapunktiert wird diese Dynamik von Wöhsts vertrackt akzentuierten Schlagzeugspiel, das von Stefanie Richter an Bass, Kontrabass und Cello rhythmisch aufgegriffen und melodisch weitergeführt und schließlich von Björn Steffens an der Gitarre zum Leuchten und Strahlen gebracht wird. Im Zusammenspiel fügen sich die Elemente zu einem komplexen Geflecht zusammen, das immer wieder mit unerwarteten Wendungen, Auflösungen, Breaks, Crescendi und Klimaxen verblüfft, ohne dabei jedoch den eigentlichen Kern der Musik je aus den Augen zu verlieren: den Song.
Entstanden ist The Iron Lung Quintet 2007 aus einem Studioprojekt von Christian Uhlig. 2009 veröffentlichte das Hamburger Quintett mit Unterstützung von Dinesh Kettelsen (Fink, Nationalgalerie) in Eigenregie ihr erstes Studioalbum “Rough Sea“. Klaus Fiehe (1live) lobte das Album als „eine dem Mogwai-Postrock entwachsene Pop-Platte“ und die Hamburger Plattenladen-Institution Michelle Records empfahl die Platte ihren Kunden als „Musik von und für Erwachsene“. Es folgten zahlreiche Konzerte, unter anderem auf dem englischen Standon Calling Festival, in der bytefm-Residency-Reihe, als Headliner des kleinen Hamburger Eldorado-Festivals und ein Akustikset in der Haldern Pop Bar. Im Herbst 2011 begann das Iron Lung Quintet die Aufnahmen zu seinem zweiten Studioalbum “Whispers & Roars“. Die Postrock-Anleihen wichen einer schwelgerischen Opulenz und das Quintett wuchs zum Indie-Orchester heran mit Streichern, Bläsern und der Bramfelder Liedertafel als Chor. Mit “Slipping By Like A Field Mouse“ gelang ihnen dabei ein verregneter Sommerhit, den auch Morrissey nicht hymnischer hätte inszenieren können.
Doch während die Musik an Größe und Grandezza gewann, schrumpfte das Quintett zwischenzeitlich zum Trio zusammen. Gitarrist David Hawellek zog der Liebe wegen nach New York, Bassist Marc-Andre Klotz verließ die Gruppe nach einer letzten gemeinsamen Tour durch Frankreich im Dezember 2012. Erst ein Jahr später sollte es der Band gelingen, adäquaten Ersatz zu finden. Mit Björn Steffens (Alaska, Knabenkraut) schloss sich ihr ein begnadeter Multiinstrumentalist an und mit Stefanie Richter übernahm schließlich eine studierte Cellistin den Kontrabass und komplettierte Iron Lung wieder zum Quintett. Das Hamburger Label Pop-up Records wurde auf die Band aufmerksam, sodass endlich Anfang 2015 “Whispers & Roars“ erscheinen konnte. The Iron Lung Quintet feierte das Ereignis mit einem bemerkenswerten Release-Konzert im Hamburger Schanzenzelt, bevor es durch Unfälle und Erkrankungen wieder ausgebremst wurde.
“Take a look at the numbers / You may go down in style / But go down you will“, heißt es lakonisch in “God‘s Upper Jab Is Hard To Block“, dem Opener ihres neuen Albums “Narrow Escape“, und man ist versucht, hier eine weitere Verlustgeschichte der Musikindustrie hineinzulesen. An anderer Stelle heißt es, “What separates the living from dead / Oh it‘s that we are making plans.“ Am Boden, aber nicht geschlagen. Und nach knapp dreieinhalb Minuten öffnet sich der Himmel, der auf einmal wieder voller Geigen hängt, voll und offen wie die Morgensonne, bevor die Band dann im nächsten Stück mit einem dreckig gebrochenen Rock’n’Roll-Boogie aufbegehrt und irgendwie alles wieder in Ordnung oder vielleicht auch einfach endgültig zum Einsturz bringen will, man weiß es nicht so genau. “Hand me the monkey wrench / And free your ears / Within a minute / There´ll be the sound of stopping gears.“ The Iron Lung Quintet frönen ohne Frage einer gewissen theatralischen Ernsthaftigkeit, die nicht so recht zu unserem retromanischen Zeitgeist zu passen scheint. Doch das heißt nicht, dass sie in Ernsthaftigkeit erstarren. Im Gegenteil. Immer wieder blitzen Zeilen feiner Ironie auf, die an ausdauernder Beobachtungsgabe geschult sind. “The streets are paved with gold it‘s true / But they made no mention of the traffic…“ Aber es ist vor allem immer wieder die Liebe zum Geschichtenerzählen und zur Romantik, die sich in dieser Musik bahnbricht, sei es in stolzen Hymnen wie “Acrophobia“ oder “Western Union Counter“, die Wido Sauer (Rantanplan) mit mitreißenden Bläsersätzen zu wahrer Größe erhebt, oder in zartfühlenden Balladen wie dem Titeltrack oder “Those In The Know“, bei denen Uhlig in Melanie Hamdorff (Knabenkraut) eine kongeniale Duett-Partnerin findet.
The Iron Lung Quintet mögen mal wieder mit knapper Not davongekommen zu sein – vor sich, vor dem Erfolg, vor dem Leben als solchem. Und wieder einmal haben sie unterwegs jemanden verloren. – Stefanie Richter ist nach den Aufnahmen zum neuen Album aus Zeitgründen ausgestiegen und nur noch ab und zu bei Konzerten als Gastmusikerin dabei. Dafür kam Birger Anders (Damp 2000) an Bord und übernahm den Bass. – Aber mit ihrem neuen Album bietet uns The Iron Lung Quintet auch dieses Mal wieder eine kleine Flucht aus dem Alltag in die Welt der Songs, der Erzählungen und der Musik. Das mag nicht unbedingt hip sein, aber in seiner Seltenheit ist es kostbarer denn je, eine Entdeckung. Land Ahoy!
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