Christian Kjellvander (SWE)
In diesen Tagen, in denen Ausgrenzung und Abschottung zu regieren scheinen, ist ein Künstler wie Christian Kjellvander überlebensnotwendig für unser Seelenheil. Der schwedische Singer-Songwriter ist einer, der das Fremde umarmt und das zutiefst Menschliche auslotet. Bereits der Titel seines neunten Albums „WILD HXMANS“ zeigt: Etwas ist anders, irritierend. Christian Kjellvander macht uns ein X für ein U vor. Das ist gut, denn er macht uns nachdenklich, er sensibilisiert.
Wir nutzen ein X, um unsere Stimme abzugeben. Aber auch, um einen Fehler grob unkenntlich zu machen. „Einfach durchstreichen und weg – wenn Leute versuchen, dieses Prinzip auf andere Menschen anzuwenden, haben wir ein Problem“, sagt Christian Kjellvander. Und so erzählt uns der 42-Jährige in sieben rauen wie soghaften Songs zwischen Folk, Blues, Americana und Free Jazz von Abschied und Aufbruch, von Flucht und dem Gefühl, neu in einer Welt zu sein. So erschafft er einen Sound, der ruhig atmet und pulsiert, um sich dann aus dieser Intimität in eine unglaubliche Dynamik hineinzufiebern, in etwas Dunkles, Sattes, Schwüles. Mitunter scheint seine Musik zu entschwinden, um kurz darauf flirrend und transparent zu strahlen.
Christian Kjellvander ist ein emphatischer Vagabund, ein daydreaming Desperado. In „Strangers In Northeim“ lässt er das Neue, Ungezähmte in eine perfekte Kleinstadt einbrechen. „Faux Guernica“ wiederum basiert auf einem Roadtrip mit seinem jüngsten Sohn ins Baskenland. Und „Curtain Maker“ ist inspiriert von einer Begegnung in Verona mit einer Frau aus Syrien: Es geht um die Stille, die unerträglich ist nach einer Trennung, nach dem Tod. Was für eine paradoxe Aufgabe für einen Musiker, dieses ewige Schweigen zu vertonen. Und was für ein Glück, wenn es gelingt.
Getragen werden die facettenreiche Lieder von Christian Kjellvanders Wunderstimme, die mal an Leonard Cohen, mal an Neil Young, mal an David Sylvian erinnert und die doch ganz eigen ist. Sein Gesang geht so brüchig in den Schmerz hinein und so hell schimmernd in die Zuversicht, dass all die im Alltag oft verschütteten Emotionen hochgespült werden.
In „The Thing Is“ reist der Hörer zurück ins Texas der 90er Jahre. Der Tod seines Vaters und seines jüngsten Bruders prägen dieses intensive Stück: „We’re all born with a weight / We get lighter for every day / Come on now, spread the love / Until we finally drift away.“ Was für eine ultimativ positive Weise, dem Ende entgegen zu leben. Und auf diesem Weg braucht Christian Kjellvander das Fremde für seine Kunst: „Ich begebe mich häufig in Situationen oder an Orte, über die ich absolut nichts weiß. Dann lerne und schreibe ich.“
_____________________________
https://www.facebook.com/ChristianKjellvanderOfficial/
http://www.christiankjellvander.com
https://www.youtube.com/watch?v=l_lLcQCNilQ