Die Tüdelband (D)
Der Kniepsand ist bretthart, die Dünen sind sanft und rau zugleich und beinahe immer windumweht, der Blick reicht fast überall bis zum Horizont, weil ja drumrum nichts als Nordsee ist. Schrecken kann also die Bewohner von Amrum, der schönsten Insel Nordfrieslands (ja! unterschreibt das Tonfink-Team), nicht viel, überraschen aber eben manchmal dann doch. Zum Beispiel neulich, naja, ist schon ein bisschen her, als auf ihrem Eiland ein Livealbum aufgenommen wurde. In der „Blauen Maus“, einer Institution der Insel. Kneipe, Pub, bisschen rummelig, Riesenauswahl an schottischen Single Malts, jeden Tag bis auf Donnerstag, muss ja auch mal Ruhe sein, letzter Anlaufposten der Nachtschwärmer. „Wenn da achtzig Leute sind“, sagt Malte Müller, „dann ist das da schon richtig voll.“
Er muss das wissen, auch wenn er gar nicht auf Amrum wohnt. Aber zusammen mit Mire Buthmann und beider Gruppe, der Tüdelband, hat er vor nicht allzu langer Zeit in der „Blauen Maus“ ein Album aufgenommen, welches nun eine Zäsur in der Bandgeschichte markiert. „Die Tüdelband – Live op Amrum – in de Blaue Maus“ ist das letzte Album, welches die Tüdelband in Quartett-Besetzung mit Micha Hetmann und Lars Knoblauch eingespielt hat, zukünftig werden Buthmann und Müller als Duo unter demselben Namen weitermachen. Doch davon später mehr.
Erstmal torüch na Amrum, wo es ein erinnerungswürdiges Wochenende in der Blauen Maus gegeben haben muss, wenn man sich dieses Album anhört. Alles irgendwie zwischen brummkreiselheiter und Küstenmelancholie, Luftschlangen und Lütt un Lütt. Mire und Malte nennen das Ergebnis nun ein „Quasi Best Of“, dessen Repertoire nie ein Zankapfel gewesen sei. Aber irgendwie müssen sie ja, noch zu viert, die Lieder ausgesucht haben. „Bei den älteren Alben war das schnell klar“, sagt Malte, „es kamen die Songs mit drauf, die wir bis zum Schluss auch immer noch gespielt haben. Mit den Songs vom letzten Album mussten wir dann halt überlegen, welche Lieder sich vielleicht dauerhaft für Konzerte eignen werden. Jeder nannte dann noch seine Vorlieben, lange Diskussionen gab es jedenfalls nicht.“
Auch nicht über den Tatort? Weshalb ausgerechnet Amrum? „Es sollte halt ein möglichst ungewöhnlicher Ort sein“, so Mire Buthmann, „wo sonst niemand auf solch eine Idee käme. Wir waren auch schön häufiger in der Blauen Maus, eigentlich jedes Jahr.“ Und den Anstoß habe dann der Wirt gegeben, „als er uns fragte, ob wir uns das vorstellen könnten. Da haben wir nicht lange überlegt.“ Aber wird in solch einer Inselkneipe nicht der Aufnahmetechniker schnell irre? Malte grinst, „wir haben zu unserem großen Glück ja Karsten Böttcher, der bei uns seit Jahren alle Aufnahmen betreut, und der hat das erstmal als Herausforderung gesehen. Und die moderne Digitaltechnik passt halt auch in den kleinsten Raum.“
Zwei glorreiche Abende hat man aufgezeichnet, dann wurden die besten Aufnahmen zusammengeschnitten. „Das war gut so“, sagt Mire, „weil die beiden Abende sich sehr unterschieden. Am Samstag waren viele Leute da und die Stimmung war ein bisschen turbulent, um nicht zu sagen: Es war recht laut. Und am Sonntag war’s auch voll, aber da haben die Leute mehr zugehört, was dann für die ruhigeren Songs besser war.“
Und an dieser Stelle tragen wir mal ungewohnt, aber gewollt spät nach, dass die Tüdelband die momentan wohl einzige moderne Popband der Republik ist, die ihre Lieder auf Plattdeutsch vorträgt. Demnächst als Duo, um darauf auch zurückzukommen. Weshalb? „Das hat mehrere Gründe“, so Mire. „Zum einen wollen wir zwei noch mehr mit der Tüdelband spielen, als wir das eh schon gemacht haben. Die anderen beiden haben halt auch noch ihre Pläne und Projekte, die hätten nicht mehr Zeit investieren können. Da mussten wir uns überlegen, wie wir mit der Situation umgehen wollen. Dieses Livealbum ist jetzt ein schöner Abschluss, danach geht’s dann zu zweit weiter.“ Und Malte fügt noch hinzu, es sei wichtig zu sagen, „dass wir uns nicht ge- oder gar zerstritten haben.“
Mire spielt dann elektrische wie auch akustische Gitarre, Malte das Schlagzeug „und Orgelpedale für die Bässe“, singen tun sie beide. Der Sound werde dadurch etwas kompakter, sagt Mire, „vielleicht auch moderner, auf jeden Fall intimer. Aber nicht kleiner.“ Man könne jetzt überall spielen, wo es eine Steckdose gebe, sagt Mire, und es gebe weitere Vorteile: „Bisher musste ich mich ja umdrehen, wenn ich Malte sehen wollte, das brauche ich jetzt nicht mehr. Und für die Fotografen, die früher immer verzweifelt versuchten, den Schlagzeuger mit aufs Bild zu kriegen, ist es jetzt ebenfalls einfacher geworden.“ The White Stripes von der norddeutschen Küste, sozusagen.
Dort hat die Tüdelband bislang auch ihre Fans, aber das muss ja nicht so bleiben. „In meiner Heimatstadt Eckernförde“, sagt Malte, feiere man inzwischen auch das Oktoberfest. Warum also nicht mit plattdeutschem Pop den Süden der Republik aufmischen? Das ließe sich durchaus weiterspinnen. Halloween hat schließlich auch in Deutschland mittlerweile viele Fans, warum also nicht…“genau!“, sagt Malte und Mire lächelt, „da wäre doch so Manches durchaus denkbar!“ Von Amrum nach Rhode Island.
Warum eigentlich nicht?
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